Mittwoch, 15. August 2007

Ein Blog mehr also. Einer, der nicht verwaist in den Tiefen des weltweiten Netzes herumdümpelt. Jetzt ist die rechte Gelegenheit. Ich gehe auf Reisen.

Zurzeit schlage ich mich durch den Vorbereitungsparcours. Krankenversicherung? Reisetasche? Wohnung auflösen oder behalten? Der Kater bei liebevollen Händen? Wann soll ich nur noch Zeit für all die Menschen finden, die ich nach dem Abflug vermissen werde?

Mit B. fachsimpelte ich heute im Taschenfachgeschäft, das ein mich verblüffendes, breites Angebot von günstig bis superedeloberteuer im Untergeschoss ausstellt, über Rollgeräusche, Bodenverstärkung und Griffstabilität. Wir taten das derart überzeugend, dass andere Kunden einem von uns auch gerne Fragen stellen wollten. Wem von uns beiden, konnten wir nicht so genau ausmachen. Das Ergebnis unserer Beratung und meiner Preisvergleiche am Tag vorher ist eine grundseriöse Samsonite. Und ich muss einfach anmerken, dass ich vor noch nicht allzu langer Zeit einen Freund wegen der Marke seines Koffers auslachte. Jetzt habe ich die gleiche Marke gekauft. Ein bisschen peinlich ist mir das schon. Aber manche scheinbar festen Prinzipien muss man wohl brechen, hin und wieder zumindest.

Ich will also festhalten, was täglich passiert. Um mich später besser daran zu erinnern. Um Freunde teilhaben zu lassen, damit sie sich keine Sorgen machen. Und schließlich für die ganze Welt, zumindest potenziell. Info-poor und info-rich, Verbreitung der deutschen Sprache und solche Sachen… Tagebuch zu schreiben ist schon eine zweischneidige Sache. Man schreibt, um Gedanken festzuhalten, die niemand erfahren soll. Und zugleich denkt man doch später Lesende mit, den Verehrten vielleicht oder die eigenen Kinder, die Enkel, die Nachgeborenen; bei jedem Wort, vielleicht nur nicht mehr im raschesten, leidenschaftlichen Fluss. Ein Blog dagegen, das öffentliche Tagebuch, ist der eigene, erinnerte Tag, aufgeschrieben für fremde Augen. Diese Erinnerungen sind in jedem Fall verformt durch das Wissen um die und auch durch das Nicht-Wissen über die Zusammensetzung der Mitleser/innen.

Das hier ist ein Versuch. Ich reise nach Jordanien. Ich will Arabisch lernen, Menschen treffen und arbeiten. Arbeiten heißt in meinem Fall: Fragen stellen, die Antworten zu einem großen Ganzen zusammenfügen und dann in kleinen Geschichten erzählen. Meine bisher längste Urlaubsreise dauerte vier Wochen. Frankreich, Fahrrad, fieser Gegenwind. Ich denke gern daran zurück. Für sieben Monate Deutschland zu verlassen, hat eine andere Qualität und von Zeit zu Zeit rutscht mir beim Gedanken daran das Herz ein Stück tiefer und schlägt unbequem durch die Bauchdecke. Aber ich bin fest entschlossen, diesen Ort zu verlassen (allerdings nicht: (…) und alles zu hassen; Die Sterne) und in Amman ein Heim auf Zeit zu finden.

Eine Freundin gab mir den Rat, schon jetzt mit dem Schreiben anzufangen. Ins Netz stellen will ich die bis dahin entstehenden Texte jedoch erst, wenn ich Jordanien bin. Die langen Ladezeiten meiner deutschen E-Mail-Postfächer in jemenitischen Internetcafés habe ich lebhaft in Erinnerung, meinen währenddessen munter über yahoo chattenden Vater auch. Der schönste Blog nützt ja nix, wenn ich ihn nur von Deutschland aus pflegen kann.

Also nehme ich mir jetzt mal vor, die Tücken der Reisevorbereitungen täglich mit ein paar Sätzen zu kommentieren.

Außerdem hoffe ich auf die Kategorie „Lieblingswort“ während des Sprachkurses. Ein kleiner Vorgeschmack: Dummheit und Reichtum liegen im Arabischen gefährlich nah beieinander. Dumm heißt rabii, das Wort für reich ist ranii. Die weiblichen Formen sind übrigens rabia beziehungsweise rania. Und wie heißt die Frau des jordanischen Königs? 99 Gummipunkte für Rania. Laut des Magazins der Süddeutschen Zeitung ein Mahagoni-Mädchen. Obwohl sie durchaus in dem Alter ist, eine Frau genannt zu werden…