Samstag, 29. September 2007

Das war ein guter Tag. Er begann klassisch arabisch. Um acht sollte der Bus starten, gegen neun tauchte unser Begleiter vom Lehrpersonal auf. Allerdings war der Bus zu voll und mein Name auf der Liste derer, die sich angeblich zu spät angemeldet hatten und deshalb wieder nach Hause gehen sollten. Im Verlauf der Woche sollten wir den Ausflug dann nachholen können. Wir protestierten, ich vorneweg, denn wir hatten uns tatsächlich rechtzeitig angemeldet. Allerdings hatten wir unsere Namen auf die Rückseite der Liste geschrieben, weil die Vorderseite bereits voll war. Der Protest tat seine Wirkung, ein zweiter, kleinerer Bus wurde organisiert und kurz vor zehn ging es dann tatsächlich los.

Zuerst ging es zum Berg Nibou, auf dem Moses zum ersten Mal das Gelobte Land gesehen haben soll. Leider war es sehr dunstig, so dass man kaum das Tote Meer und den Jordan erkennen konnte. Trotzdem war die Sicht mal wieder überwältigend, in der kleinen Kirche auf dem Berg gab es wunderschöne Glasfenster und bunte, kunstvolle Mosaike. Wir hatten ganze zwei Stunden Zeit umherzuwandern und die Sicht zu genießen. Janneke hatte wunderbarerweise Brot und Humus dabei und hat es großzügig mit uns geteilt, während wir hinüber nach Israel schauten.

Danach ging es nach Madaba, das vor allem für seine Mosaike bekannt ist. Leider mussten wir im Schnelldurchgang durch die Mosaikausstellung hetzen, weil unsere Begleiter – das unterstelle ich jetzt mal bösartigerweise – früh Feierabend machen wollte. Nizar ist einer der Arabischlehrer des Sprachzentrums und stammt aus Madaba, am Ende des Ausflugs blieb er in „my town“. Nach dem Museum ging es in ein Restaurant, obwohl die meisten von uns lieber sofort zurück nach Amman gefahren wäre. So saßen sechzig Leute im Obergeschoss eines Restaurants, warteten sicher eine Stunde lang auf eher teuere Sandwichs und kalte Getränke, um danach durch die St. Georges-Kirche gejagt zu werden, die für ihr Landkartenmosaik des alten Arabien berühmt ist. Die Kirche an sich ist nett, weil orthodox und daher voll mit Heiligenbildern und pompösen goldenen Kronleuchtern, das Mosaik allerdings ist nur noch teilweise erhalten und im Vergleich zu den vorher gesehenen deshalb eher unspektakulär.

Zurück in den Bus und nicht mal eine Stunde später waren wir wieder in Amman.

Ich war schon gestern mit Megan (das ist übrigens die korrekte Schreibweise *schäm*) zum Lernen verabredet, aber weil sie recht weit außerhalb bei ihrer Gastfamilie wohnt, hatte sie mir gestern Mittag abgesagt. Heute wollten wir das Lernen nachholen und landeten schließlich bei Jay (keine Ahnung, ob ich das jetzt richtig geschrieben habe...), ebenfalls Amerikaner und in unserer Gruppe, der ganz in der Nähe der Universität ein Appartement mit einem arabischen Studenten teilt. Im Haus wohnen noch andere junge Leute, unter anderem Leila, eine superhübsche Französin, die ebenfalls im Sprachzentrum lernt. Er war mit Ahmed, einem Jordanier, zum Lernen verabredet und davon profitierten auch Megan und ich. Die kurze Stunde war total klasse – er las uns den Text vor, ließ dann uns lesen und korrigierte unsere Aussprache (ich habe echte Probleme mit dem R) und stellte dann Fragen zum Text. Morgen wollen wir uns wieder treffen. Ich freue mich total darauf.

Gegen sechs kamen Leila und ein weiterer arabischer Freund, dessen Namen mir gerade entfallen ist und der mit ihr ein französisch-arabisches Sprachtandem bildet, und wir gingen in ein Restaurant in der Nähe. Drei verschiedene Arten Huhn mit Reis und Joghurt, Salat und Datteln und zum Abschluss arabischer Kaffee mit Kardamon. Wir schlugen uns die Bäuche voll und hingen dann für eine Weile zufrieden in den Kissen, tauschten englische, arabische, französische und deutsche Worte und lachten eine Menge.

Megan verabschiedete sich danach, ich begleitete Jay in sein Appartement. Eigentlich wollten wir noch eine Runde lernen, aber dann saßen wir doch nur auf seinem Balkon, von dem man einen tolle Blick auf das umliegende Viertel hat, und redeten über seinen Studienaufenthalt in Deutschland, die faszinierende Verbreitung der englischen Sprache selbst in wenig entwickelten Ländern und unsere Zukunftspläne. Er ist zum zweiten Mal in Jordanien und will in den Flüchtlingscamps arbeiten. In den nächsten Monaten will er sich einen Job suchen und dann versuchen als freiwilliger Helfer Fuß zu fassen.

Netterweise begleitete er mich nach Hause, denn mein Hostel liegt auf der anderen Seite des Campus und es war mittlerweile auch dunkel. Ich war wirklich froh über die Begleitung, denn auf dem Weg waren kaum Menschen zu Fuß unterwegs, außerdem liefen wir sicher eine Dreiviertelstunde lang. Wir wechselten immer mal wieder in Deutsch, weil er sein Deutsch erhalten möchte, aber schon lange nicht mehr gesprochen hat, unterhielten uns über Musik, Jordanien und schmutzige Witze. Für den Rückweg hab ich ihm meinen MP3-Player geliehen, morgen will ich ihm den USB-Stick voll mit deutschsprachiger Musik mitbringen.

Zu Hause zog ich noch alle Fotos und die Videosequenzen, die ich aus dem Bus heraus gemacht habe, auf den Rechner. Dann klopfte Amira und wir quatschten eine kurze Weile. Sie hat Probleme mit einem ihrer Partner, weil der gerade von ihr verlangt, dass sie ihm das Manuskript für ihr zweites Buch über Jordanien überlässt, die finanzielle Gegenleistung aber auf später verschieben will.

Jetzt bin ich müde und will nur noch schlafen, werde aber vielleicht noch mal die Vokabelkarten durchgehen. Morgen beginnt der Kurs zwar erst um elf, aber ich würde gern früher aufstehen, um einen Teil der Übungen vorzubereiten. Mal schauen, was mein innerer Schweinehund dazu sagt...
Richtung Israel

Taufbecken und Kreuz auf dem Mount Nibou

Mosaikdetail in der Kirche auf dem Berg

ziemlich freizügiges Mosaik in Madaba (die zweite Person rechts ist eine barbusige Frau...)

Kronleuchter in St. Georges