Donnerstag, 27. September 2007

Interessant bei wie vielen Gelegenheiten man Vokabeln lernen kann: Zähne putzen, nähen, Nägel feilen. Ich bin gespannt, wie lange meine Motivation anhält.

Tatsächlich tue ich sonst nicht viel. Gestern habe ich den Ausgang verschlafen. Wegen des Ramadan ist das Hostel zwischen 18 und 20 Uhr geschlossen. Ich war zwar mit den anderen Deutschen verabredet, aber aufgewacht bin ich leider erst kurz nach sechs. Ich könnte glatt meine gesamten Tage verschlafen. Jedenfalls blieb ich zu Hause und verbrachte den Abend mit Deutsche Welle TV und Amira. Genau wie den heutigen Tag. Amira hat Archäologie studiert und schreibt gerade an ihrem zweiten Buch über Jordanien. Ihr erstes Buch über Petra hat sie mir gezeigt, die Bilder sind wirklich überwältigend, die meisten russischen Buchstaben kann ich ja leider nicht mal mehr entziffern. Allerdings kam sie heute mit einer Theorie um die Ecke, nach der die monumentale Bauten schlechterdings von Hand in den Stein gehauen worden sein können, sondern mit irgendeiner Technologie geschaffen worden sein müssen, von der wir heute keine Ahnung mehr haben. Ich kann schon verstehen, wie man auf so eine Idee kommt. Denn sich vorzustellen, dass die riesigen Grabstätten mit Hammer und Meißel in den Stein gehauen wurden, ist wirklich schwierig. Dass die Menschheit allerdings Ergebnis eines genetischen Experiments ist, war mir dann doch zu abenteuerlich.

Immerhin habe ich sie mittlerweile davon überzeugt, dass ich für eine Beziehung mit einem arabischen Mann nicht gebaut bin. In den Tagen davor wollte sie einfach nicht glauben, dass ich hier keinen Mann suche. Aber nachdem ich ein paar von meinen Vorstellungen von einer gleichberechtigten Partnerschaft zum Besten gegeben habe, ist sie der Meinung, dass ich einen solchen Mann hier nicht finden werde. Weitere Kuppelversuche werden also ausbleiben, die Einladung zum Essen mit ihrem Verlobten und dem Arzt Nashat entpuppte sich tatsächlich als ein solcher. Jetzt versteht sie auch, warum ich Nashat erzählt habe, das in Deutschland ein Mann auf mich wartet, den ich heiraten will. Bei dieser Lüge bin ich nicht mal rot geworden...

Mit Hilfe eines Vorwaschsprays bin ich jetzt auch mit dem Ergebnis der Waschmaschine zufrieden. Eigentlich wollte ich die ja schon gestern benutzen, aber angeblich gab es Probleme mit der Elektrizität. Das fand ich zwar seltsam, weil überall im ganzen Haus Licht, Kühlschränke und Fernseher normal funktionierten. Aber auch nach zweimaligem Nachfragen blieb die Begründung gleich, also hab ich sie hingenommen.

Was mich irritiert hat: Obwohl Freitag ist, waren fast alle Geschäfte hier um die Ecke geöffnet. Der Supermarkt, der Telefon- und der Fotoladen, die Apotheke. Nur der Buchladen hat irgendwie nie geöffnet, wenn ich vorbeilaufe. Genau wie die beiden Grillstuben – aber das liegt wohl am Ramadan. Man stelle sich einen Sonntag in Deutschland vor, an dem alle Geschäfte ohne Sondergenehmigung offen sind.

Jetzt ist es schon wieder ziemlich spät und morgen geht es mit dem Sprachkurs nach Madaba und auf den Berg Nibou. Mich erwarten Menschenmassen, uralte Mosaike und der Ausblick, der sich Moses bot, als er zum ersten Mal das Gelobte Land sah. Und wie Tawfiq Omar bei seiner Einführung anmerkte: Der Bus wird zu spät kommen, aber wir sollten pünktlich sein. 8 Uhr morgens ist ganz schön früh.

Am spaßigsten ist das Lernen übrigens, wenn mir plötzlich die Verwandtschaft zwischen den unterschiedlichen Vokabeln auffällt. So bedeutet dschaul so viel wie um oder herum, während tadschawala (das w ist ein geschriebenes u) das Wort für besichtigen, also für umherlaufen und staunen ist :) Noch ein Beispiel? auda bedeutet Rückkehr, a’ada bedeutet Tradition oder Sitte. (Das erste a wird übrigens tief hinten in der Kehle gesprochen, weil es kein a-lif, sondern das so genannte ain ist.)

Das ist natürlich prinzipiell nix Neues für Leute, die sich mit Arabisch beschäftigen, denn die gesamte Sprache ist so aufgebaut, dass man in der Regel aus drei beziehungsweise vier Konsonanten, der so genannten Wurzel, zig Worte bilden kann. Aber diese Verbindungen so nach und nach zu entdecken und nachzuvollziehen, macht wirklich Laune.


so, heute ist waschtag (eventuell gehts mit den anderen heut abend noch nach downtown). morgen ist lerntag (am freitag kann man eh nix anderes machen...). übermorgen ist triptag (nach madaba und auf den mount nibou). und erst danach gibbet wieder neuigkeiten hier.

also nicht klagen! ;)