Dienstag, 28. August 2007


Wir haben Äpfel geerntet. Mein Rauchplatz ist jetzt voll vom Duft frischer Äpfel. Manche von ihnen sehen aus wie gemalt, alle sind sie klein. Auf der Suche nach einem Weidenkorb stoße ich im Zwischenboden der Scheune auf alte Holzkisten, voll von Spinnweben und Staub. Ich finde einen Besen aus Reisern, trotzdem staubt es noch in Wolken, als ich die Kisten auf die gestapelten Holzscheite fallen lasse. Die Leiter scheine ich noch aus Kindertagen zu kennen; über einen vorstehenden Pfosten gelehnt, steht sie ganz sicher. Noch ein paar Mal hoch und runter und ich fühle mich wieder flink wie ein Zicklein.

Die Mahlzeiten diktieren den Rhythmus meines Großvaters. Eine Viertelstunde vor der Zeit hat er den Beutel mit Topf und Geldbörse gepackt, um sich dann noch mal ungeduldig in den Sessel zu setzen und mit Blick auf den Fernseher darauf zu warten, dass er endlich zum Metzger gehen und sein Essen holen kann. Auch nach Kaffee mit Kuchen und Abendbrot könnte man wohl den Wecker stellen, dazwischen steht er mal am Tor, hält ein Schwätzchen mit den Nachbarn, dreht eine seiner Runde. Die am Nachmittag fällt heute aus, der Äpfel wegen. Die meiste Zeit jedoch läuft der Fernseher, ein bisschen Talkshow, dann Gerichtsshow, später Tiersendungen, eine Quizshow, Mr. Bean und ein Dokumentation über eine Reise durch Nordkorea. Wir reden nur wenig. Mehr scheint weder nötig, noch möglich.

Ich kämpfe mit der neu gekauften Technik. Als ich die Bildbibliothek von Microsoft testen will, die schon installiert ist, stürzt der ganze Rechner ab. Dann stelle ich fest, dass der MP3-Player scheinbar zuviel Strom braucht. Auch mit aktiver HUB zwischen Rechner und Musikspieler erkennen sie sich gegenseitig nicht. Eine andere Erklärung kann ich nicht finden. Unglücklicherweise habe ich sämtliche Musik-Dateien automatisch gelöscht, als ich die Aufnahmefunktion testen wollte. Dass ich zumindest beim Schreiben weiterhin Musik hören kann, weil der Laptop ja auch einen Audioausgang hat, finde ich mindestens faszinierend und in jedem Fall praktisch.

Sonst passiert nicht weiter viel. Ich verlasse Hof und Garten nicht. Ein weiterer Nachmieter ruft an, der andere Teil meines deutsch-arabischen Sprachtandems meldet sich. Es steht noch eine Hausarbeit aus. Zum Arabisch sprechen sind wir schon länger nicht mehr gekommen. Der neue Bruno tollt den ganzen Tag bei uns herum, sitzt einmal leicht verzweifelt oben im Baum und schafft es mit unseren Anfeuerungsrufen dann doch selbstständig wieder nach unten. Ich drehe ein Video mit ihm und dem Band meiner Kameratasche.

Ich verstehe, warum der alte Mann den ganzen Tag in den Fernseher schaut. Ich wünschte, er hätte mein Vorschlag mit dem Hund aus dem Tierheim angenommen. Ich bleibe sitzen, schaue ebenfalls hin, höre zu und spüre das Gift. 24 Stunden lang die Möglichkeit, den Gedanken anderer zu folgen, statt sich selbst welche zu machen. Mein Fernseher steht seit acht Monaten im Keller. Ich vermisse ihn nicht und spüre in Anwesenheit einer flimmernden Kiste doch immer noch diese starke Anziehung.