Dienstag, 23. Oktober 2007

Ich komme gerade von einem Filmfestival des Goethe-Instituts – Filme aus dem Irak nach Saddam – und bin traurig. Der erste Film war ein 15-Minuten-Stück über einen Taxifahrer in Bagdad, Omar is my friend. Straßensperren, Explosionen, Benzinmangel, Angst vor Entführungen und trotz gerade abgeschlossenem Studium ein hoffnungsloser Blick in die Zukunft.

Noch viel eindrucksvoller: Iraq in Fragments, knapp 100 Minuten in drei Teilen von James Longley, gedreht 2003, veröffentlicht 2006. Ein 11 Jahre alter Junge geht seit fünf Jahren zur Schule, findet seine Arbeit bei einem Nachbarn aber viel wichtiger und kann deshalb gerade mal seinen Namen schreiben. Sein Chef wünscht sich Saddam zurück, weil der sehr viel besser für seine sunnitischen Glaubensbrüder gesorgt habe als es die Amerikaner jetzt tun. Prediger und Gläubige im schiitischen Süden, exstatisch-religiöse Massen voller Hass auf die neuen Besatzer und die Sunniten, die vormaligen Herrscher im Irak. Sie verprügeln Männer, die auf die Markt Alkohol verkaufen, sie betonen, dass sie friedlichen Widerstand leisten wollen, und dann sind doch Waffen im Bild. Eine Familie im kurdischen Nordirak, der Vater wünscht sich eine bessere Zukunft für seine Söhne, doch dann muss einer der Söhne die Schule verlassen, um künftig Ziegel zu brennen und Schafe zu hüten, weil der Vater alt und schwach geworden ist.

Ich hatte den gesamten Film über auf einen versöhnlichen Abschluss aus dem Nordirak gehofft, doch in den Wahlbüros sagten die Wahlhelferinnen den Leuten, was sie wählen sollen; der kurdische Patriotismus scheint eine künftige friedliche Einheit ebenso zu verhindern wie die religiösen Animositäten zwischen irakischer Sunna und Schia. Bitter, ganz bitter. Trotzdem will ich morgen wieder hinfahren – irakischen Frauen melden sich aus dem Exil zu Wort.

Sonst geht es mir gut. Alles nimmt sehr viel mehr Zeit in Anspruch als ich es gewohnt bin, mir fehlt noch immer jegliche Routine. Ich bin ständig müde, schnell gereizt, immer hungrig, aber zum Glück sehr gesund. Meine Haare und meine Haut sind wegen der trockenen Luft und dem starken Verkehr in einem desolaten Zustand, aber wie immer merke glücklicherweise nur ich das. Wofür ich in D meist zu faul war, tue ich nun hier täglich – eincremen und Haarspülung benutzen...

Wirklich schlimm sieht derzeit mein Bad aus: Der Kaltwasserzufluss am Waschbecken war defekt, seit ich eingezogen bin und mein Vermieter beim Putzen dagegen kam. Heute kam der Klempner und jetzt habe ich keinen Wasserhahn mehr. Er konnte den Schlauch nicht ersetzen, ein eilig herbeigebrachter anderer Wasserhahn passte nicht. Morgen will er wiederkommen, über den Dreck, den er hinterlassen hat, verliere ich lieber keine Worte. (Ich hätte ein Bild machen sollen, aber ich war wegen dem Filmfestival zu sehr in Eile.) Morgen also wird er hoffentlich auch die Dusche reparieren, die tropft, seit ich sie geputzt habe – da hatte wohl der Dreck die Funktion der Dichtung übernommen. Der Klodeckel ist auch lose, einen neuen Teppich habe ich noch immer nicht und langsam fühle ich mich schlecht, weil ich mich andauernd über etwas anderes beklagen muss. Dafür habe ich herausgefunden, dass unter der weichen Matratze in meinem Bett eine deutlich härtere lag. Mein Rücken ist extrem dankbar und das weiche Teil wurde kurzerhand zum Sofaersatz umfunktioniert. Pragmatische Ossis oder so ;)

ps. die bilder aus dem wadi rum sind unter dem datum vom 16. oktober online...