Mittwoch, 7. November 2007

Willi Betz ist einfach überall! Auf der Ladefläche eines Kühllasters bin ich heute mit ehemaligen Beschäftigten des omnipräsenten Fuhrunternehmers von Sofia nach Amman gefahren – und war das erste Mal überhaupt in Jordanien angeschnallt.

Keine Sorge, ich bin weder übergeschnappt, noch betrunken. Leider habe ich den Namen des Projekts vergessen, aber ich finde ihn noch mal heraus. Zumal ich weiß, dass die Reise hin und wieder auch nach Berlin oder Hamburg oder oder oder führt und die Teilnahme wärmstens empfehle – nicht nur, weil sie kostenlos ist.

Zwei bulgarische Lasterfahrer haben uns in ihrem 16 Jahre alten und umgebauten Truck mitgenommen – drei Sitzreihen und eine Glasfront über die gesamte Länge des Trucks. Hin und wieder wurde eine Jalousie heruntergelassen und darauf Straßenszenen, Interviews oder unsere beiden Fahrer im Cockpit projiziert. War sie hochgezogen, waren schlafende und auch schon tote Laster jeder Altersklasse zu sehen, vermeintliche Grenzstationen – mein Lacher des Abends war ein Beamter, der auf dem Computer Solitär spielte – der Großmarkt und eine weißgekleidete Sängerin, die mir Gänsehaut verursachte.

Beim Grenzübertritt zwischen Bulgarien und Serbien geht nichts ohne Zigaretten oder harte Euro. Das Fuhrunternehmen stellt pro Fahrt 25 Euro für Bakschisch zur Verfügung, was meist nicht ausreicht. Die serbische Polizei ist am gierigsten. An der Grenze zwischen Türkei und Syrien gibt es keine Duschen. Bevor der Laster die jordanische Grenze übertreten darf, wird er desinfiziert. Für die sieben Tage Fahrt bekommen jeder Fahrer knapp 180 Euro, Standzeiten werden nicht bezahlt, selbst rote Ampeln werden vom Lohn abgezogen. Schräge Nebengeschichte: Im Iran kann man drei Tage Wartezeit an der Tankstelle gegen einen Neckermann-Katalog tauschen. (Den Grund für diesen lukrativen Tausch konnte ich leider nicht erfragen, aber ich vermute mal, dass das Zeug nachgeschneidert und dann verkauft wird. Für logischere Erklärungen bin ich offen!)

Die Löhne für bulgarische Trucker jedenfalls haben Willi Betz überzeugt, er hatte sich schon vor 1989 in das staatliche Fuhrunternehmen Somat eingekauft – bis heute beschäftigt er vorwiegend bulgarische Fahrer, die die gelben Laster mit dem blauen Schriftzug durch ganz Europa, bis auf die arabische Halbinsel und weiter fahren. Seit 2006 läuft ein Verfahren wegen Lohndumping gegen das Unternehmen, das bis heute nicht abgeschlossen ist. Der Sohn des Unternehmers sitzt mit Unterbrechungen seitdem in Untersuchungshaft, das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde gegen die Länge der U-Haft erst vor sieben Tagen abgewiesen.

Sehenswert!

Sonst geht’s gut hier :)

Meine Sprachpartnerin hat mir ein paar Sätze aufgeschrieben, die ich bei der nächstbesten Gelegenheit an aufdringlichen Männern und doofen Frauen ausprobieren werde. a’ib aleik heißt „Schäm Dich!“, itrukni heißt „Lass mich in Ruhe!“ und wenn mir mal wieder jemand erzählen will, dass Rauchen schädlich ist, bekommt er muschurlik um die Ohren gehauen, was so viel heißt wie „Das geht Dich nichts an.“

Ich krieg morgen ne Party und warte ungeduldig auf Mitternacht, damit ich endlich das Päckchen von meinem Vater öffnen kann, dass mich seit Tagen von meinem Kühlschrank herunter anlacht. Natürlich habe ich es schon geschüttelt und belauscht und ich habe so meine Vermutungen, was wohl darin sein könnte. Aber Geburtstagsgeschenke macht man halt nicht vorher auf. Schrecklich, diese gute Erziehung!